Donnerstag, Mai 21, 2009

Verpasste Gelegenheiten


Ich bin neulich Nacht von Frankfurt nach München gefahren. Die Autobahn war absolut leer. Das Wetter war gut. Der Motor geölt. Das Autoradio und ich. Irgendwann ist man müde und der Körper schaltet auf Standbymodus – er funktionert, aber die Gedanken sind irgendwo weit weg. Und dann kam es. Ein ganz besonderes Lied wurde im Radio gespielt. Es war eins der Lieder, dass alle Sinne ansprach. Die Stimme, der Rythmus, die Melodie, der Beat, der Groove, der Text – alles stimmte. Gegen Ende des Liedes hofft man dann, dass der Moderator den Titel und die Interpretin nennt – denn sie war mir völlig unbekannt – und er tat es.

Den Namen hatte ich bis dahin noch nie gehört aber ich nahm mir fest vor, mir diesen zu merken – das Album kaufen. Aber vor allem den Namen „merken“. Da ich 1/5 1000 fuhr und es mir unmöglich war, den Namen aufzuschreiben, nahm ich mir vor, ihn mir zu merken.

Es ist aber jetzt so, dass ich seit Tagen nach diesem Namen suche und kann mich nicht erinnern - ich habs vergessen. Ich habe im Internet alle Chartlisten durchgesucht, aber er war nicht da. Ich habe recherchiert, aber ich kann ihn nicht finden.
Ich weiß aber, wenn ich ihn hören würde, wenn ich ihn irgendwo sehen würde, dann wäre alles wieder sofort da. Aber mein Eindruck ist irgendwie der, dass ich die Gelegeheit verpasst habe. Und obwohl der Song irgendwie nachklingt, ich kann ihn nicht nachsingen. Ich weiß, dass er super war, aber ich höre ihn nicht mehr.

Verpasste Gelegenheiten sind so seltsam. Sie tun nicht direkt weh aber sie sorgen dafür, dass man sich für eine Zeit zumindes unkomplett fühlt. Man weiß, man wäre jetzt reicher, glücklicher, zufriedener und ruhiger- wenn man die Gelegenheit nicht ausgelassen hätte.

König David ist der König der verpassten Gelegenheiten. Als sein Sohn Absalom seinen Halbbruder Amnon tötet, weil dieser seine Schwester Tamar geschändet hatte, da hat er kein Wahl und schickt ihn weg – Exil. Als er nach Jahren wieder zurückkommt, verpassen sie sich wieder jahrelang (!) in einer kleinen Stadt wie Jerusalem. Als Absalom aufbegehrt und einen Putsch wagt, geht David weg. Als es zum letzten Kampf kommt bleibt David im Palast. Als er die Nachricht von dem Tod seines Sohnes bekommt, weiß er, dass es keine Gelegenheiten mehr geben wird. Ein für alle mal. (2.Samuel 13-18)

Und dann kann er nur noch sagen: „Mein Sohn Absalom, mein Sohn Absalom, Wollte Gott ich wäre für dich gestorben! O Absalom, mein Sohn, mein Sohn!“ (19,1)

Ich werde den Song wahrscheinlich nie wieder hören, es sei denn, er begegnet mir zufällig. Aber ich würde ihn so gerne wieder hören. Ich weiß, dass ich beim nächsten mal keine Gelegenheit mehr verpassen werde. Ich werde ihn mir aufschreiben.

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